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  • AutorenbildGeorg Fröschl

Paradies auf Erden?


"Könnten wir das Paradies auf Erden haben, wenn wir einander mehr achten?" Diese provokante Frage stellte kürzlich ein Freund während einer leidenschaftlichen Diskussion beim Abendessen und gab resigniert zu: "Die Menschheit lernt nichts aus der Geschichte! Irgendwann wird sich die Erde von der Plage der Menschheit befreien."

Obwohl ich zunächst keine Antwort hatte und zugeben muss, dass mein Freund vielleicht recht haben könnte, regt sich tief in mir der Widerspruch. Gibt es nicht bereits Fortschritt in Bezug auf die Geschichte? Ich meine nicht nur technologische Errungenschaften, sondern auch Verbesserungen in Bildung und Bewusstsein. Ich sehe humanitäre und soziale Fortschritte und spüre zunehmende individuelle und kollektive Verantwortung.

Natürlich stimme ich meinem Freund auch zu: Die Rückschläge sind unübersehbar. Vielleicht sind es immer zwei Schritte nach vorne und einer zurück?

Was würde Jesus auf diese Frage antworten, wenn er seine Meinung dazu äußern müsste, ob die Welt besser wird oder nicht?

Ich werfe einen Blick in das Matthäusevangelium und lese den Abschnitt vom 22. Sonntag im Jahreskreis. Hier kündigt Jesus sein kommendes Leiden an, das er als unvermeidlich ansieht. Doch in derselben Aussage spricht er auch von Auferstehung. Doch diesen zweiten Teil nimmt sein Jünger Petrus überhaupt nicht wahr und unterbricht ihn stattdessen: "Das darf nicht sein!"

Ich stehe voll und ganz an der Seite des Petrus und kann ihn nur allzu gut verstehen. Ich möchte auch kein Leid. Und ich glaube, dass das grundsätzlich richtig ist. Aber Jesus befiehlt Petrus, seinen Weg zu gehen und zu verstehen, wie er ihn sieht und interpretiert. Jesus bezeichnet sich selbst als das Licht der Welt, prophezeit jedoch kein Paradies auf Erden. Er ist keineswegs naiv. Er erlebt hautnah die römische Besatzungsmacht. Jesus ist kein Harmonie suchender Romantiker, der sich von der Welt abwendet. Gleichzeitig zeigt er jedoch Widerstand gegen jegliche fatalistischen Vorstellungen: Jesus akzeptiert unausweichliches Leid, um es zu überwinden und durchzugehen, um dabei verwandelt zu werden.

Dieser Lebensansatz wird durch das Bild des Weizenkorns veranschaulicht, das in die Erde fallen und sterben muss, um aufzubrechen, zu sprießen und Frucht zu bringen. Das ist der Weg, den uns auch Jesus vorausgeht: Wer sein Leben retten möchte, wird es verlieren. Im Bild des Weizenkorns ausgedrückt bedeutet dies: Wer sein Samenkorn behalten und nicht in die Erde legen möchte, wird keine Ernte einfahren.

Ich glaube daran, dass Gott die Schöpfung gut gemacht hat und dass dieses Gute immer wieder zum Vorschein kommt. Letztendlich hat die Liebe die größte Ausdauer. Das ist meine Hoffnung. Dafür lebe ich gerne und strebe danach, einen Weg durch die Schwierigkeiten zu finden.


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