Ich habe zwei Großtanten – mittlerweile schon verstorben - die bereits als junge Frauen ins Kloster gingen. Wenn wir sie als Kinder mit der Familie in ihrer Klausur besucht haben, war mir das alles fremd: die großen Hallen im Kloster, der Kirchen-Geruch und vor allem das Gewand meiner Großtanten: die Tracht, die bis auf ihr Gesicht und ihre Hände alles verdeckt hat. – Wie kann man so leben?
Heute habe ich ein bisschen einen neuen Blick dafür: Kontemplatives Leben kann auch eine Chance sein, abseits vom Trubel den Reichtum des Lebens zu entdecken. Natürlich geht das nur, wenn man/frau sich dafür frei entscheidet.
Bruder David Steindl-Rast ist mir da ein Vorbild. Er hat lange nach einer Klostergemeinschaft gesucht, wo er das gefunden hat, was er sich ersehnt hat: eine Gemeinschaft in einem damals neu gegründeten Benediktinerkloster in den USA. Dort suchte er nach - damals noch ungewöhnlichen -Zugängen und spirituellen Wegen zu nicht-christlichen Religionen und entdeckte Wert und Reichtum der Stille. Er fand Zeit, die Schönheit des Kosmos zu ergründen, der Freude an der Musik und Kunst nachzugehen und dies alles in zahlreichen Begegnungen auszutauschen. Die Dankbarkeit ist ein Grundstrom seines Wesens geworden.
Ich habe Bruder David – mittlerweile schon über 90 Jahre - persönlich kennen lernen dürfen und bei ihm eine ansteckende Lebendigkeit, Einfachheit und Freude erfahren.
Ob unsere – derzeit noch verordneten Quarantäne-Maßnahmen – nicht auch ein bisschen Anstiftung sein könnten, so einen kontemplativen Weg auch nach der Krise aus freien Stücken bewusst zu suchen?
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