top of page
  • AutorenbildGeorg Fröschl

Ergriffen sein


Zufällig kam ich nach einem Begräbnis beim Essen neben einem fremden Mann zu sitzen. Er stellte sich mir vor und es entwickelte sich ein Gespräch:

zunächst erzählte er von einem Erlebnis auf einem Segelboot, von einer pechschwarzen Nacht, die sogar die Orientierungslinie am Horizont verschluckte.

Dann wurde das Gespräch persönlicher und der Mann begann, mir sein Herz auszuschütten: Ich erfuhr vom plötzlichen Tod seiner siebenjährigen Tochter, vom schmerzvollen Scheitern seiner Ehe, vom anschließenden Fall in Drogensucht und von seiner tiefen Sehnsucht, wieder leben zu wollen…

Sein Erzählen führte uns schließlich zurück in seine Kindheit, wo er die Wurzeln seiner Lebenssehnsucht fand: als er sich damals über kleine Dinge freuen konnte und sich staunend in eine Sache ganz vertiefen konnte, an die Liebe seiner Großmutter…


Schon während des Zuhörens war ich ergriffen und berührt: Wie hart doch das Leben einen Menschen manchmal anpackt, ihn gänzlich seine Orientierung verlieren lässt, ihm alles raubt… und doch war da immer noch ein innerer Funke Vertrauen, an dem er sich aufrichten konnte und wo sich von neuem das Feuer des Lebens entzündet hat. - Nicht das Begreifen der Dinge, und auch nicht das Konsumieren wurde diesem Mann zum Anker für seinen neuen Lebensmut, sondern seine frühen Erfahrungen des Geliebt-Seins und des staunenden Ergriffen-Seins.

54 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Name

Wohnen

bottom of page