Unlängst bin ich meine Spazier-Runde gegangen. Sehr oft treffe ich dabei Leute, mit denen ich kurz plaudere, bevor ich meinen Weg wieder fortsetze.
So ist es mir am vorletzten Tag im Jahr passiert: eine junge Frau spricht mich an und sagt mit freundlichem Blick: „Danke für Ihre Predigt am Sonntag, Herr Pfarrer!“ und dann hält sie kurz inne und fährt zögernd fort: „Sagt man eh Herr Pfarrer zu Ihnen? Oder anders, weil Sie sind ja …mehr?“
Wahrscheinlich hat die Dame gemeint, dass ich auch Dechant bin und sie wusste nicht, ob Sie mich besser mit „Herr Dechant“ anspricht.
Aber zu Hause ist mir der Satz „Sie sind ja mehr!“ nochmals durch den Kopf gegangen. Plötzlich habe ich den kurzen Satz der Frau wie ein Zeichen oder eine wichtige Erinnerung empfunden: da hat mich jemand darauf aufmerksam gemacht, dass ich mehr bin als meine Rolle.
Ja, ich bin Mensch, ich bin Kind Gottes. Ich darf umsonst schöpfen aus der Quelle der Liebe Gottes. Diese Liebe ist größer als alle gesellschaftlichen Rollenbilder, Leistungen und Funktionen. Aus dieser "Würde" lebe ich.
Danke, für die Erinnerung!
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