„Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst!“ Dieser Satz steht schon im Alten Testament (Levitikus 19). Uns Menschen wird hier von Gott her Großes zugetraut und aufgetragen, denn: der Mensch ist ja nach dem Bild Gottes geschaffen. Daher gilt: „Seid heilig, denn ich der Herr, euer Gott, bin heilig“ Das ist aus meiner Sicht ein Programm für das ganze Leben, ein Horizont, den wir wahrscheinlich nie ganz erreichen werden. Dennoch sind wir als Christen in besonderer Weise eingeladen, vor allem in der Liebe viel zu wagen – bis hin zur Feindesliebe.
Es heißt: Gott lässt seine Sonne über Bösen und Guten aufgehen; daher ist Feindesliebe nur möglich, wenn wir uns auf unser göttliches Potential, auf unsere Heiligkeit besinnen.
Ein möglicher Sinn der Feindesliebe ist, dass wir Teufelskreise durchbrechen und neue Anfänge ermöglichen. - Ich möchte eine Geschichte erzählen, wo ein Neuanfang gelingt, wo der Teufelskreis der Feindschaft überraschend kreativ aufgebrochen wird:
Es war einmal ein König im Orient. An der Grenze seines Reiches kam es immer wieder zu Spannungen und Kämpfen. Da schickte der König seinen Feldherrn mit Soldanten los und befahl ihnen Folgendes: „Geht und vernichtet meine Feinde!“
Und so zog der Feldherr mit einer großen Streitmacht los. Es vergingen viele Monate, und keine Nachricht drang zum König. Da schickte er endlich einen Boten hinterher. Der sollte erkunden, was geschehen war.
Als der Bote das feindliche Gebiet erreicht hatte, traf er auf ein Lager, aus dem schon von weitem das fröhliche Treiben eines Festes zu hören war. Gemeinsam an einem Tisch fand er dort den Feldherrn und seine Soldaten zusammen mit den Feinden des Königs.
Der Bote ging zum Feldherrn seines Königs und stellte ihn zur Rede: „Du hast dienen Befehl nicht ausgeführt! Du solltest die Feinde vernichten. Stattdessen sitzt ihr zusammen und feiert.“
Da sagte der Feldherr zum Boten: „Ich habe den Befehl des Königs sehr wohl ausgeführt. Ich habe die Feinde vernichtet – ich habe sie zu Freunden gemacht.
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