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Austausch - Echokammer

  • Autorenbild: Georg Fröschl
    Georg Fröschl
  • vor 17 Minuten
  • 2 Min. Lesezeit

Die Parabel vom Zöllner und dem Pharisäer ist eine sehr pointierte Bibel-Geschichte. Da wird in Schwarz-Weiß-Manier erzählt, dass sich ein Pharisäer im Tempel brüstet, wie gut er denn sei. Und bei dieser Selbstbeweihräuche-rung erwähnt er auch, dass er froh ist, nicht wie der Zöllner zu sein, der ganz hinten im Tempel steht. Er vergleicht sich also und verachtet den anderen. – Kennst das von dir, dass du dich besser fühlst als dein Nachbar?

 

In der Bibelgeschichte schneidet am Ende der Zöllner besser ab als der Pharisäer. Wir vergönnen das dem Zöllner und empfinden vielleicht ein wenig Schadenfreude für den prahle-rischen Pharisäer. 

Aber es kann leicht sein, dass wir - ohne es zu merken - schnell in dieselbe Haltung wie der Pharisäer kippen. Der Dichter Eugen Roth hat das gut auf den Punkt gebracht – er schreibt:

 

Ein Mensch betrachtete einst näherdie Fabel von dem Pharisäer,der Gott gedankt voll Heucheleidafür, dass er kein Zöllner sei.Gottlob! rief er in eitlem Sinn,dass ich kein Pharisäer bin!

Für mich gibt es zwei Deutungs-Richtungen dieser Bibelgeschichte:

 

Die erste ist eine Warnung: wenn du nur auf dich schaust, bleibst du in dir wie in einer Echo-Kammer gefangen – so nach dem Motto: wer sich nur selbst erhört, der wird erniedrigt – bzw bleibt in seiner Welt alleine. 

Der Pharisäer betet eigentlich gar nicht, sondern führt ein Selbstgespräch. Er lässt Gott keinen Platz.  – Also die Warnung vor der Echokammer.

 

Die zweite Deutungsrichtung sieht beide Personen als Anteil von mir selbst, die wir versöhnen dürfen:

Ich darf mich über Erfolg und Gelingen freuen, aber muss auch meine Fehler und Bedürftigkeit anschauen. Diese demütige Erkenntnis macht mich auch zu einem genießbaren Zeitgenossen. Ich darf beide Seiten in mir zulassen und versöhnen: die Freude über Fähigkeiten und die Einsicht meiner Bedürftigkeit.

 

Die Geschichte warnt uns vor übertriebener Selbstbeschau, und ermutigt uns, Stärken und Schwächen anzunehmen.

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