Ist es möglich, auf Gewalt zu verzichten?
Ist es möglich, die Feinde zu lieben?
Ja! sagt Jesus in der Bergpredigt.
Mich interessiert, wie er das meint?
1. Kein blinder Pazifismus
Schutzloses sich Ausliefern ist nicht gemeint, das hat Jesus auch nicht gemacht: Als ihn einige steinigen wollten, ging er durch ihre Mitte hindurch. Oder: Im Tempel hat er mit einem Strick ein gewaltsames Zeichen gesetzt, um dem Missbrauch des Heiligen entgegenzutreten.
Wir dürfen und müssen uns zerstörerischen Mächten entgegenstellen. Es wäre unverantwortlich, eigene Macht und damit Verantwortung abzugeben.
2. Was ist Feindesliebe?
Emotionale Zuneigung zu Feinden ist kaum möglich; daher muss die gemeinte Liebe noch umfassender sein als Zugeneigtsein. Wie groß aber kann eine Liebe sein?
In einem Kinderbuch heißt es: Dass eine Hasenmutter zu ihrem Hasenjungen sagt: ich liebe dich von hier bis zum Mond und wieder zurück! Damit drückt sie aus: meine Liebe ist unendlich.
Und ich möchte hinzufügen: Sie kann sogar die umfassen, die wir noch nicht verstehen, ja sie kann sogar jene meinen, die uns Böses antun. Das aber kann nur freiwillig geschehen und irgendwie ist es auch Gnade: als Ebenbild Gottes und Tempel des Heiligen Geistes ist uns diese Liebe zumindest möglich.
3. Einladung zu dieser Liebe, zur Courage
Im Wort Courage steckt die Silbe „Cor“ - das lateinische Wort für Herz. Von einer jungen Holländerin im 2. Weltkrieg, von Etty Hillesum, ist ihr Tagebuch überliefert. Es trägt den Titel „Das denkende Herz“ Dieses Buch ist ein Zeugnis leidenschaftlicher Liebe: sie hat sich nicht vom Bösen vergiften lassen. Etty ist zwar im KZ umgekommen, aber ihre Spur bleibt und wird für immer ein Zeugnis der Liebe sein.
Wenn uns vielleicht so ein mutiger Schritt nicht gelingt, sind wir zumindest eingeladen, kleine Schritte im Alltag über das Übliche und Erwartbare hinaus zu gehen. Also zB. nicht immer Gleiches mit Gleichem zu vergelten, um quitt zu sein… oder einem Unfreundlichen auf der Straße dennoch ein Lächeln zu schenken…
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